Auch blinde Menschen träumen – und zwar oft intensiver, als man denkt. ✓ Wie das geht · und was dabei passiert.
Was träumen Blinde?
Die Vorstellung, dass Träume nur aus Bildern bestehen, ist ziemlich verbreitet – aber sie greift zu kurz. Besonders spannend wird es, wenn man sich fragt: Was träumen Blinde eigentlich? Also Menschen, die entweder von Geburt an blind sind oder ihr Augenlicht erst später verloren haben. Die Antwort ist so faszinierend wie vielfältig – und sie hat viel mit Sinneseindrücken, Erinnerungen und dem Gehirn zu tun.
Zunächst einmal: Ja, blinde Menschen träumen. Und zwar jede Nacht. Aber je nachdem, wann sie ihr Augenlicht verloren haben, unterscheidet sich die Art ihrer Träume stark. Wer von Geburt an blind ist, träumt meist nicht in Bildern – dafür aber umso mehr in Geräuschen, Gefühlen, Bewegungen und sogar Gerüchen. Menschen, die erst später im Leben blind wurden, können oft weiterhin visuelle Träume haben – allerdings verblassen diese im Laufe der Zeit.
Stell dir vor, du träumst davon, durch einen Wald zu laufen. Du siehst die Bäume, spürst den Wind und hörst die Vögel. Für jemanden, der blind geboren wurde, fehlen die visuellen Eindrücke – aber alles andere kann sogar noch intensiver erlebt werden. Wie ein User in einem Forum schreibt: „Ich träume oft von Stimmen, von Musik oder davon, wie sich der Regen auf meiner Haut anfühlt.“ Klingt irgendwie poetisch, oder?
Wie Träume bei Blinden entstehen
Die Grundlage jedes Traums ist das Gehirn – nicht das Auge. Das bedeutet, dass Träume nicht unbedingt Bilder brauchen. Unser Gehirn verarbeitet im Schlaf Eindrücke, Erinnerungen und Emotionen. Das gilt für alle Menschen, egal ob blind oder sehend.
Interessant ist: Wer früh blind wurde, hat häufig ein sehr geschärftes Gehör oder Tastsinn. Diese Sinne prägen dann auch die Träume. Da wird nicht „gesehen“, sondern gefühlt, gehört, gerochen. Es entsteht eine ganz eigene Art von Traumwelt, die nicht weniger lebendig oder bedeutungsvoll ist – nur eben anders.
Wer später im Leben erblindet ist, kann dagegen weiterhin in Bildern träumen. Das Gehirn greift auf visuelle Erinnerungen zurück, die vor der Erblindung gesammelt wurden. Diese Bilder bleiben manchmal über Jahre bestehen. Allerdings verändert sich mit der Zeit die Gewichtung – akustische und haptische Eindrücke nehmen zu.
Was sagen blinde Menschen über ihre Träume?
Die Erfahrungsberichte sind vielfältig. Viele blinde Menschen berichten, dass ihre Träume genauso komplex, verrückt oder alltagsnah sind wie bei sehenden Menschen. Nur der Fokus liegt auf anderen Sinneseindrücken.
Ein Beispiel: Eine blinde Frau träumte davon, in einer Küche zu stehen und Suppe zu kochen. Sie roch die Zutaten, hörte das Blubbern im Topf, spürte die Wärme des Herds – aber sie „sah“ nichts im klassischen Sinn. Trotzdem war der Traum für sie absolut real und nachvollziehbar.
Ein anderer Betroffener berichtete, dass er regelmäßig von Straßengeräuschen, Gesprächen oder Musik träumt – häufig mit einer räumlichen Tiefe, die für ihn im Alltag besonders wichtig ist. Manche träumen sogar in Braille-Mustern – also in ertastbaren Schriftzeichen. Unglaublich, oder?
Unterschiede zwischen angeborener und später Blindheit
Der größte Unterschied liegt, wie erwähnt, im Vorhandensein oder Fehlen visueller Erinnerungen. Menschen, die nie sehen konnten, entwickeln in der Regel keine bildhaften Träume. Ihr Gehirn „denkt“ nicht in Bildern, sondern in auditiven, taktilen und emotionalen Signalen. Und das ist keineswegs eine Einschränkung – sondern eine andere Art, die Welt zu erleben.
Späterblindete Menschen träumen oft noch lange in Bildern, besonders in der Anfangszeit. Aber diese Bilder können nach und nach verblassen. Interessanterweise kann es bei manchen sogar zu einer Mischung kommen: visuelle Fragmente kombiniert mit Geräuschen oder taktilen Empfindungen. Eine Userin schrieb in einem Forum: „Ich habe mal geträumt, ich laufe durch eine bunte Stadt – aber ich hörte die Farben, weil sie mit Geräuschen verbunden waren.“ Gänsehaut!
Gibt es Albträume?
Klar, die gibt’s leider auch. Sowohl bei sehenden als auch bei blinden Menschen. Doch während visuelle Albträume oft mit bedrohlichen Bildern wie Monstern oder Abgründen arbeiten, äußern sich Albträume bei Blinden oft über bedrohliche Geräusche, Chaos oder Orientierungslosigkeit. Ein blinder Mann schilderte, dass er manchmal davon träumt, in einem überfüllten Raum zu stehen und keine Richtung zu finden – eine Situation, die ihn emotional stark belastet hat.
Doch auch hier gilt: Träume sind subjektiv. Nicht jeder erlebt Angstträume gleich – und viele blinde Menschen berichten, dass sie sich im Traum sogar sicherer fühlen als im realen Alltag, weil sie dort die „volle Kontrolle“ über ihre Umwelt haben.
Warum Träume für Blinde besonders wichtig sein können
Für blinde Menschen bieten Träume oft einen Raum, in dem sie frei sind von den Einschränkungen des Alltags. Manche erleben dort Dinge, die ihnen sonst verwehrt bleiben. Ein blinder Teenager schrieb, dass er im Traum oft läuft, rennt, tanzt – weil er sich dort sicher fühlt. Andere berichten, dass sie dort neue Wege „sehen“, obwohl sie im echten Leben mit Orientierung kämpfen.
Träume sind also nicht nur ein Abbild des Tages – sondern ein Ort der Freiheit, Kreativität und Selbstbestimmung.
Wie oft und wie intensiv träumen Blinde?
Studien zeigen: Die Schlafstruktur von blinden Menschen unterscheidet sich kaum von der sehender Personen. Die sogenannte REM-Phase – also die Traumphase – ist in beiden Fällen vorhanden. Manche Forschungen legen sogar nahe, dass Blinde häufiger intensive Träume haben, weil sie im Alltag mehr mit inneren Bildern und Vorstellungen arbeiten.
Und falls du dich fragst, ob blinde Menschen luzid träumen können – also bewusst im Traum handeln: Ja, auch das kommt vor. Manche trainieren das sogar gezielt, um die Kontrolle über wiederkehrende Träume zu gewinnen oder bestimmte Szenarien zu erleben.
Ein kurzer Überblick in Stichpunkten
- Blinde Menschen träumen – jede Nacht
- Art der Träume hängt vom Zeitpunkt der Erblindung ab
- Angeboren Blinde träumen ohne Bilder, aber mit starken Sinneseindrücken
- Späterblindete Menschen träumen häufig noch bildhaft
- Träume können ein emotionaler Rückzugsort sein
- Luzides Träumen ist auch bei Blinden möglich
- Traumwelten sind oft komplex und voller Details
Fazit
Auch wenn es in unserem Alltag meist um Flecken, Dreck und praktische Alltagstipps geht – dieser Blick in die Traumwelten blinder Menschen zeigt, wie individuell und kreativ unser Gehirn arbeitet.